Laufbericht Hollenlauf über 101km in Bödefeld am 13.05.2006 von Andreas Gierse

A. Gierse bei Rothaarsteiglauf 2005




















Zur Einschätzung für andere Lauffreaks: 
37Jahre, 15km-Zeit: 60min, Marathonzeit: 3h 20min 
bis dato längster Lauf: 42,2km (Marathon)
techn. Hilfsmittel beim Lauf: Höhenmesser mit Steigungsgeschwindigkeit;
                              kein(!) Pulsmesser - ich laufe lieber nach Gefühl (obwohl die Werte im Nachhinein
                              interessant gewesen wären)
                                                                    

Vor ca 10Jahren habe ich mir mal vorgenommen, dass ich einmal im Leben einen Marathon laufen muss. 
Der erste war ganz ok, so dass es dann noch mehrere wurden. Aber der Irrsinn läßt sich natürlich steigern.
7km vor der Haustür soll in Bödefeld 2006 erstmals ein Lauf über 101km stattfinden. Ich melde mich früh an, 
damit ich keine Ausreden habe um wieder abzuspringen. Ich erzähle es aber auch niemandem. Soll keiner wissen, 
dass ich mich zum Kasper mache, besonders, wenn ich aufgeben muss. Bis mich jemand anspricht: "Dein Name steht
in der Zeitung als Teilnehmer am Hollenlauf." Ja, super! Danke! Jetzt gibt es kein Zurück.

Meine Taktik:
Wie soll man so einen Lauf angehen? Bei mir ist es so: Wenn ich sehr langsam laufe, tuen mir die Knochen mehr weh, 
als wenn ich mein normales Trainingstempo laufe. Also beschließe ich unteres normales Trainingstempo zu laufen 
und sobald es nur etwas steiler bergauf geht, will ich gehen, anstatt langsam zu laufen. So soll es auch funktionieren. 
So will ich locker bis zum 57km Ziel am Rheinweserturm kommen und dann sollten die lächerlichen 44km zurück auch zu
schaffen sein. ;-)
Ankommen hat natürlich oberste Priorität. Aber liebäugeln tue ich insgeheim mit einer Zeit von unter 10Std.
Am meisten Angst habe ich vor Blasen und Gelenkschmerzen. Wenn es nicht mehr geht, dann geht es halt nicht mehr.
Rein konditionell, müsste ich da irgendwie durchkommen. Denke ich. Wir werden sehen.

Tag X: Samstag 13.05.06

5.00Uhr
Der Wecker rappelt. Gut geschlafen. Aber in Anbetracht der nächsten Stunden will ich mich am liebsten
im Bett rumdrehen und den Tag anders geniessen. Nein! Aufstehen!
Der Wetterbericht verheißt nix Gutes. Es soll den ganzen Tag regnen. Noch ist es aber trocken,
weil es am Vorabend heftig geregnet hat. Hoffentlich hält es ziemlich lange.


5.40Uhr
Ankunft in Bödefeld. Abholung der Startunterlagen. Startnummer 2. Besser wäre Platz 2. Haha!
Hör auf zu träumen! Ich gebe keinen Kleiderbeutel ab. Ich will schließlich die komplette Strecke laufen. 
Hoffentlich bereue ich das im Ziel der 57km am Rheinweserturm nicht!

6.35Uhr
Die über 100 Starter der 57km und 101km stehen am Start. Die sehen eigentlich alle relativ normal aus.
Und auch nicht so "overdressed" wie viele Marathonfreaks. Nur Schade, dass man nicht vorher weiß, wer 
57km und wer 101km läuft.

6.40 Uhr
0km
Startschuß. Das Läuferfeld setzt sich in Bewegung. Was mache ich hier? Sollte ich nicht doch besser abbiegen, 
mich ins Auto setzen und nach Hause fahren? Ach, nee. Mal gucken was hier so passiert. Ich laufe ganz am Ende. 
Das Feld läuft sehr sehr langsam los. Ich schaue mir die anderen an. Müssen irgendwie alles Verrückte sein - 
und ich mittendrin. Ein Läufer schleppt einen ordentlichen Bierspoiler mit sich rum. "Oh, Mann. Wie willst du 
denn ins Ziel kommen?", denke ich. Aber Respekt! Ich halte mich im hinteren Drittel des Feldes auf.

2km
Es geht endlich in den Wald auf weichen Boden. Vor mir läuft ein anderer Läufer, der auch das ein oder
andere überflüssige Pfund mit sich rumschleppt. Zu allem Überfluß schleppt er noch einen "Patronengurt"
a la John Wayne mit sich rum. Darin allerlei Nahrhaftes mitsamt einer großen Trinkflasche. Habe ich mich vertan - 
gibt es gar keine Verpflegung unterwegs? Zu seinem Unglück läßt sich der "Patronengurt" nicht eng genug stellen. 
Das Ding hüpft unangenehm auf seinen Hüften. "Ich probiere den Gurt heute zum erstenmal aus." Hehe. Sehr geschickt.
Und das bei so einer Strecke. Später hat er sich von dem lästigen Ding getrennt.
Ich selber habe mir extra ein Radtrikot angezogen. In den Rückentaschen habe ich einen Powerbar für ganz schlechte 
Zeiten und eine klein faltbare Chaskee-Kappe, die ich bei Regen aufsetzen kann.

4km
Es geht flach aber stetig bergauf. Die erste Verpflegungsstelle. Es gibt nur Wasser. Ich nehme nur einen 
kleinen Schluck. 
Auf der weiteren Schleife bis Bödefeld geht es noch ein bisschen hoch und runter. Berghoch gehe ich an
steileren Stücken öfters mal. Körner sparen und Gelenke schonen.

14km
Zurück in Bödefeld. Feine Trainingsrunde. "Zum Auto und ab nach Hause", sagt mein innerer Schweinehund.
Aber noch habe ich das Mistvieh im Griff und laufe weiter. Auf den nächsten 7km müssen allerdings über 320hm
bewältigt werden. Das Feld zieht sich in der Steigung langsam aber sicher mächtig auseinander. Ich überhole
einige Läufer. Wie gut, dass ich mich hier gut auskenne. Auf den nächsten km kenne ich jeden Stein, 
da hier meine alten Trainingsstrecken liegen.

22km
Ich frage einen Radbegleiter nach der zurückgelegten Distanz. "22km" seine Antwort. Erst! Ach du Schei... .
Und schon 2h 20min unterwegs. Das wird ein langer Tag. 

27km
Es geht steil die Skiliftspur des "Sahnehang" zum Kahlen Asten berghoch. Hier geht jeder - laufen unmöglich. 
Weit und breit vor mir ist keiner zu sehen. Wartet auf mich! Oben angekommen sind meine Waden
auf einmal knüppelhart, die Oberschenkel schmerzen. Jetzt schon! Bitte nicht! Ich trabe wieder langsam los.
Die Schmerzen verschwinden leider nicht mehr, halten sich aber in Grenzen. 
 
31km
Sehr ärgerlich: Die Schmerzen in den Beinen lassen nicht nach. Ich laufe auf einen anderen Läufer auf 
und wir laufen einige km zusammen und unterhalten uns. Im Gegensatz zu mir hat er, Markus, schon mehrere 
Langstreckenläufe auf dem Konto. Er läuft bis zu 160km die Woche (oha) und das hier ist nur ein 
Vorbereitungslauf für ihn. Er will heute nach 57km aufhören. Wir machen die nächsten km einige Plätze gut.
Ich frage ihn, ob er wohl abschätzen kann, wo wir uns im Feld wohl aufhalten. "Hast du nicht die
Listen gesehen, wo sie die durchgelaufenen Startnummern abstreichen? Es sind noch nicht so viele durch.
Wir sind also relativ weit vorne." Naja, das war gar nicht geplant. Aber ich beschwere mich nicht.

39km
Meine Pausen an den Verpflegungsstellen werden etwas länger. Trotz der Beinschmerzen läuft es ansonsten
eigentlich ganz gut. Ich lasse Markus vorerst zurück, weil er einen Stein aus dem Schuh holen will.
Die nächsten km geht es immer auf einem Höhenzug Richtung Rheinweserturm. Ich spule monoton meine km 
in ordentlicher Geschwindigkeit ab und jammere an den Verpflegungsstellen mein Leid. 

43km 
Seit längerer Zeit läuft ein Läufer kurz vor mir her. Er läuft etwas x-beinig und stößt 
bei jedem Schritt mit den Knie-innenseiten gegeneinander. Aua. Die Stellen sind schon ganz rot. 
Auf einmal wird der Läufer wesentlich langsamer und ich laufe in meinem Tempo dranvorbei.
Sehr verdächtig! Ich schaue auf meine Sportuhr mit Höhenmesser.
Des Rätsels Lösung: Es geht relativ steil bergauf. Habe ich gar nicht bemerkt, weil die Schmerzen
in den Beinen das Tempo vorgeben und nicht der Puls. Wahrscheinlich habe ich auf der Geraden einen
Puls wie beim Blumenpflücken. Das macht mir aber wieder Mut. Dann muss ich halt "nur" die Schmerzen
in den Beinen überstehen. Der Kreislauf scheint keine Probleme zu haben.

47km
Ein junger Mann wetzt in einem Affenzahn an mir vorbei. Hatte mich schon gewundert, warum der mit 
seiner Läuferfigur da hinten rumdümpelte. Er wird von seinem Vater auf dem Mountainbike begleitet.
Sie halten kurz vor mir an, um Proviant auszutauschen. Wir laufen dann ein Stück gemeinsam. Er hatte 
bis eben seine Freundin begleitet und am Schluß will er noch ein bisschen Dampf machen, weil er 
auch nach 57km aufhören will. Nach der nächsten Verpflegung macht er sich aus dem Staub und sein Vater
kann auf dem Mountainbike bergauf nicht folgen.

51km
Der erste Läufer kommt mir schon wieder entgegen. Oh Mann, der Typ hat bereits 12km Vorsprung. 
Ich glaube den kriege ich nicht mehr. ;-) 

57km  Rheinweserturm
Für die meisten Läufer ist hier Schluß. Ich habe mir vorgenommen zurück zu laufen, obwohl ich schon 
recht platt bin. So was Bescheuertes. Wenn ich richtig gezählt habe, sind mir erst 5 oder 6 Läufer 
und eine Läuferin entgegengekommen. Nach der Verpflegung setze ich mich langsam wieder in Bewegung. 
Markus kommt mir nach 50m entgegen. Wir geben uns die Hand und er wünscht mir noch viel Glück.
Weitere 250m später läuft Markus auf mich auf. Er hat sich kurzfristig umentschieden. Er hat keinen
Bock auf den Bus zu warten. Da ist es doch besser einfach zurück zu laufen. Witzbold!
Ich muss erstmal langsam laufen und lasse ihn ziehen. Eigentlich liege ich noch ganz gut in der Zeit,
aber die Schritte fallen mir sehr schwer. Die Zielzeit ist mir inzwischen ziemlich wurscht. 
Ankommen reicht. Es kommen mir jetzt viele Läufer entgegen. Wir feuern uns gegenseitig an. Hoffentlich 
überholen mich nicht so viele davon.

69km
Von km 58 bis hier habe ich keinen Läufer mehr vor oder hinter mir in meine Richtung laufen sehen.
Die letzten km habe ich mehr schlecht als recht gelaufen, aber es ging noch einigermassen vorwärts.
Jetzt aber fange ich an zu schwitzen. Der Puls geht hoch, obwohl ich das Tempo nicht verändert habe.
Es wird ernst. Hier geht was schief. Das war wohl ein Irrtum, dass mein Kreislauf das Programm hier
locker wegsteckt. Ich muss gehen - auf der Geraden - auf einem der eigentlich schönsten Stellen des Laufes.
Was ein Mist! 
Ich gehe jetzt schon bestimmt 3Minuten. Warum überholt mich niemand? Waren alle hinter mir so vernünftig 
und haben nach 57km aufgehört? Ich drehe mich um und es ist 200m hinter mir niemand zu sehen. Ich zwinge 
mich wieder zu laufen. Es schmerzt höllisch den Trab wieder aufzunehmen. Ich schwöre mir, dass ich nie 
wieder so einen Lauf machen werde. Marathon ok - aber dies hier - never ever.

75km
Ich quäle mich zur nächsten Verpflegungstation in Kühhude. Wenn ich ordentlich was esse und trinke, 
geht es bestimmt besser. Ich halte an der Verpflegung an. Es wird mir schwindelig. Ich trinke etwas 
und esse etwas. Es wird nicht besser. Ich lege mich auf eine Klappbank. Da wird mir erst richtig 
schwindelig und mir wird übel. Ich torkele wieder hoch und trinke noch einen halben Becher Malzbier.
Ich gehe eierig weiter Richtung Ziel. Wie soll das bloß funktionieren? Ich gehe noch ein paar Meter,
da sehe ich auf einer dieser S-förmig gebogenen Liegebänke des Rothaarsteiges einen Opa schlafen.
Ja was der kann, kann ich schon lange. Ich schmeiße mich auf die freie Bank und mache die Augen zu.
So liege ich da 10min, um die Systeme wieder hochzufahren. Komischerweise hat mich immer noch niemand 
überholt. Ich gehe langsam wieder los. Nach 5min gehen versuche ich langsam wieder zu traben. Es tut 
sehr weh, aber es geht. Die nächsten km jogge und gehe ich abwechselnd. "Aufgeben ist keine Option"
war und ist die Devise für meinen Lauf. Ich würge mir meinen Powerbar rein. Komischerweise bin ich so
trocken, dass ich noch nicht mal Speichel habe, um den doofen Riegel gescheit runter zu kriegen. 

79km 
Es setzt etwas Nieselregen rein, was mir aber sch...egal ist, da das Joggen jetzt wieder einigermassen
klappt. An der Verpflegungsstelle überholt mich "endlich" mal ein Läufer. Die nächsten km überholen wir 
uns öfters gegenseitig, weil der jeweils andere Gehpausen einlegt. Später wird er mir aber dann doch 
davonziehen.

81km
Der Regen wird schlimmer. Es schüttet aus Eimern. Ich friere. Der Regen läßt aber zum Glück schnell nach. 
Bei solchem Dauerregen wäre an ein Ankommen nicht zu denken. Ich würde erfrieren und mir schnell Blasen 
in den nassen Schuhen laufen. Apropos Blasen. Bis jetzt werde ich verschont. Zum Glück. Das würde mir
gerade noch fehlen.

86km
Es läuft mehr schlecht als recht und so sehne ich mir die nächste Verpflegungsstelle herbei. Dort angekommen 
jammere ich den netten Helfern mein Leid. Eine der freundlichen Helferinnen erzählt, dass sie hier schon 
über 20Std in Wind und Wetter stehen, um die Wanderer und Läufer zu verpflegen. Was bin ich bloß für 
ein Weichei! Ab jetzt halte ich mein blödes Maul. Vorbei die Jammerei wie ein Kleinkind. An den nachfolgenden 
Verpflegungsstellen grüße ich alle Helfer frohgelaunt und freundlich.
Ich gehe weiter. Joggen klappt noch nicht. Der nächste Läufer überholt mich. Ich rufe ihm noch hinterher, 
er solle mir ein paar neue Beine besorgen.

88km
Es geht steil den Sahnehang vom Kahlen Asten wieder runter. Aua. Was tut das weh. Unten im Flachen komme 
ich langsam wieder in Trab. Kurz vor mir biegt eine Trainingsjoggerin ein. Hehe - eine kleine Motivation 
dran zu bleiben. Sie biegt aber leider bald ab.
An Aufgeben ist nicht mehr zu denken. Es tut zwar reichlich weh, aber es geht inwischen wieder so 
einigermassen vorwärts und es ist ja so langsam Land in Sicht. Außerdem kenne ich ab hier jetzt wieder 
jeden Meter ganz genau, dass mich nichts mehr überraschen kann.

97km
Das starke Gefälle schmerzt besonders in den Oberschenkeln. Aber das Gefühl, dass man es auf jeden Fall 
schaffen wird, motiviert zum Weiterlaufen.

101km
Es ist geschafft. Mitorganisator und Zielsprecher Elmar Schröder verkündet mein Eintreffen. Unter 11Std.
Auf Platz 9. Das ist mir aber nicht mehr so wichtig. Hauptsache gesund und mehr oder weniger munter im Ziel. 
Bekannte in der Schützenhalle, die gewandert sind, necken mich: "Wo bleibst du denn so lange?" Witzbolde. 
Ich gönne mir ein erfrischendes Elektrolytgetränk, auch genannt Weizenbier. Danach noch ein paar Stücke Kuchen.
Im Laufe des Abends erreichen insgesamt 42 Läufer das Ziel des 101km Laufes. Glückwunsch an Alle!


Fazit:
Wie habe ich mir auf der Strecke geschworen: Never ever! Aber wie sagte schon James Bond: "Sag niemals Nie!"
So ein Lauf hat schon was Irres. Er hat mir auch heftig meine Grenzen aufgezeigt. Aber es hat im Endeffekt 
Spass gemacht. Die Strecke ist super. Die Organisation ist klasse und die Helfer an der Strecke waren 
sehr freundlich. Ich werde wohl irgendwann noch mal starten. "Schaun mer mal" würde der Kaiser sagen.

Andreas Gierse